Impfen gegen Brustkrebs

Von Michaela Neubauer

Können wir uns gegen Brustkrebs bald impfen lassen? Eine österreichische Studie liefert vielversprechende Erkenntnisse.

Seit Jahren arbeiten Wissenschafterinnen und Wissenschafter weltweit an neuen Methoden zur Bekämpfung von Krebs. Eine der spannendsten Entwicklungen betrifft die Immuntherapie – ein Ansatz, bei dem das körpereigene Immunsystem aktiviert werden soll, um Krebszellen anzugreifen. Univ.Prof.Dr. Christian Singer, Experte für gynäkologische Onkologie an der Medizinischen Universität Wien, hat seit 2012 eine Brustkrebs-Studie geleitet, die in 17 Krankenhäusern in ganz Österreich durchgeführt wurde. Untersucht wurde dabei der Einsatz eines Impfstoffs, um das Immunsystem gegen bösartige Brusttumore zu stärken – mit faszinierenden Ergebnissen.

Der Beginn einer bahnbrechenden Studie

„Wir haben vor mehr als zehn Jahren mit der Studie rund um den Impfstoffs Stimuvax begonnen und damals die Frage aufgeworfen, ob man mit einer Impfung die Immunantwort von Patientinnen stimulieren kann, damit das Immunsystem den Krebs effektiver bekämpft“, berichtet Singer. Die Studie untersuchte Frauen im frühen Krebsstadium, die den Tumor noch in sich trugen und neoadjuvant behandelt wurden, also vor einer Operation eine Chemotherapie oder antihormonelle Therapie erhielten. „Von den 400 Frauen in der Studie erhielten 200 die Impfung zusätzlich zur Standardtherapie, die anderen 200 bekamen nur die Standardtherapie“, so Singer. Einzige Ausnahme war die Subgruppe von HER2-positiven Tumoren, da es für diese bereits andere Behandlungsoptionen gibt. „Zum ersten Mal konnten wir weltweit zeigen, dass eine Impfung auch beim Brustkrebs wirkt“, sagt Singer. Während Impfstoffe bereits bei anderen Krebsarten wie Lungenkrebs oder Melanom Fortschritte erzielt hatten, war dies beim Brustkrebs eine völlig neue Entdeckung. „Das Potenzial dieser Therapie ist riesig.“

Unerwartete Ergebnisse

Zu Beginn der Studie waren die Forschenden noch skeptisch, ob die Impfung den erhofften Effekt zeigen würde. „Wir haben zunächst untersucht, ob die zusätzliche Therapie zur Standardbehandlung die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der Krebs verschwindet“, erinnert sich Singer. Allerdings war das Ergebnis enttäuschend: „Die Stimuvax-behandelten Patientinnen hatten keinen zusätzlichen Vorteil durch die Vaccinie im Vergleich zur bisherigen Standardtherapie.“ Doch die Forschenden gaben nicht auf und führten sieben Jahre später eine Nachuntersuchung durch. „Was wir dann entdeckten, war sensationell“, berichtet Singer. „Das Risiko eines Rückfalls und vor allem das Metastasenrisiko war halbiert. Doppelt so viele Patientinnen lebten noch im Vergleich zur Gruppe, die keine Impfung erhalten hatte.“ Dies führte zu der Erkenntnis, dass der Effekt der Impfung nicht auf den Rückgang des Tumors zurückzuführen ist, sondern auf andere, bisher unbekannte Mechanismen des Immunsystems. Die Probandinnen erhielten während ihrer sechsmonatigen Therapie insgesamt zwölf Impfungen. „Es gab keine signifikanten zusätzlichen Nebenwirkungen im Vergleich zur Standardtherapie. Unsere Studie zeigt, dass der Impfstoff Frauen in einem frühen Brustkrebsstadium einen Überlebensvorteil verschaffen kann.“, betont Singer.

Fachkommentar

Von Dr. Sebastian Pagitsch
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Salzburg

"Es ist immer wieder spannend, wenn sich neue Behandlungskonzepte am Horizont auftun. Insbesondere, wenn es sich dabei um eine relativ nebenwirkungsarme Impfung handelt. Ich hoffe, dass es in diesem Fall, und auch künftig in vielen weiteren Fällen, zum Behandlungsstandard kommen wird."

Hier finden Sie den gesamten Artikel  Impfen gegen Brustkrebs

Sehen Sie hier eine Übersicht der MEDIZIN populär Artikel